PrEval Fachtag 2024

Extremismusprävention, Demokratieförderung und politische Bildung durch Evaluation stärken

PrEval Fachtag 2024 am 14. und 15. November im Berliner VKU Forum und im Livestream

Lernen fördern, Brücken bauen, Prävention stärken – unter dieser Devise stand und steht die Arbeit des PrEval-Verbundes. Es ist außerdem das inoffizielle Motto des PrEval Monitors, der Anfang November erschienen ist und Erkenntnisse und Empfehlungen des Projekts bündelt. Dabei ist der Monitor kein festes Set an Empfehlungen – er ist vielmehr ein Diskussions- und Dialogangebot, wie Verbundkoordinator Julian Junk (HöMS/PRIF) in seiner Eröffnung des PrEval Fachtags 2024 betonte. PrEval sei ein „Lernort“, der unterschiedliche Akteure zusammenbringe und den konstruktiven Austausch im Feld auch weiterhin fördern wolle.

Diskussion und Dialog standen dementsprechend auch im Fokus des Fachtags, der sich inhaltlich wie auch strukturell am Monitor orientierte. Den Auftakt gestalteten die PrEval-Kolleg*innen von GPPi, PRIF und IKG. Im Rahmen der Zukunftswerkstatt „Evaluationsforschung“ beschäftigen sie sich mit dem Monitoring und der Analyse von (internationalen) Evaluationskapazitäten. Ihre Daten zeigen: Evaluation profitiert von Transparenz, Unabhängigkeit, einer übergeordneten Evaluationsstrategie und ausreichenden Ressourcen. Und: Vernetzung lohnt sich – das zeige der Blick auf internationale best practices in den 14 untersuchten Länderkontexten. Aktuell entsteht an der Universität Duisburg-Essen außerdem eine PrEval Studie, die das Verhältnis von politischer Bildung und Extremismusprävention in unterschiedlichen Organisations- und Länderkontexten untersucht. Erste Ergebnisse daraus konnten am Fachtag bereits präsentiert werden.

Den Mittelpunkt des ersten Tages bildete das Grußwort von Staatssekretärin Juliane Seifert aus dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI). Sie sprach von einer „Demokratie to make“ statt einer „Demokratie to go“ und betonte dabei, dass Demokratie aktiv von Menschen gestaltet werde. Dies gelte auch für die Akteure in den Bereichen der Extremismusprävention, Demokratieförderung und politischen Bildung, die mit ihrer Arbeit und ihrem Beitrag zur Qualitätssicherung maßgeblich daran beteiligt sind, die „Demokratie unter Druck“ zu stärken. Die Arbeit des PrEval-Verbundes leiste hier einen wichtigen Beitrag.

Bisherige Trends und neue Ansätze der Evaluationsforschung stehen beim PrEval-Teilprojekt am DeZIM im Mittelpunkt. Eine Auswertung der letzten 20 Jahre zeige, dass vor allem Mixed Methods-Ansätze an Bedeutung gewinnen und fortan folglich auch zum Standardportfolio von Evaluator*innen gehören sollten. Methodische Chancen ergeben sich auch aus neuen Technologien, allen voran KI. Jan Ulrich Hense präsentierte erste Einblicke aus seiner aktuell entstehenden PrEval Expertise, die sich ausführlich mit Chancen und Grenzen von KI in der Evaluation befasst. Ein Fazit vorab: Die Frage sei nicht, ob man dafür KI einsetzen könne, sondern vielmehr, wie man sie einsetzen solle.

Der Nachmittag des ersten Tages stand ganz im Zeichen der PrEval-Zukunftswerkstätten „Helpdesk“ und „Wissensnetzwerke“. Die Kolleg*innen vom Violence Prevention Network und von i-unito stellten Vorüberlegungen und Formatvorschläge für die Umsetzung konkreter Unterstützungsangebote vor und stellten diese zur Diskussion. Eine Voraussetzung stellte sich dabei als grundlegend für alle Formate heraus: Sie müssen sich an den Bedarfen der Fachpraxis orientieren, niedrigschwellig und idealerweise kostenfrei zugänglich sein.

Fachpraxis, Fachpraxis und nochmals Fachpraxis: So lautet die primäre Zielgruppe, deren Bedarfe die im Rahmen von PrEval konzipierte Evaluationsdatenbank in den Blick nimmt. Marcus Kober (DFK) präsentierte Ergebnisse der vorausgegangenen Erhebungen und damit die Voraussetzungen für eine bedarfsgerechte Umsetzung. Andreas Uhl (IKG) zeigte im Anschluss eine erste Version einer solchen Datenbank, die möglichst passgenaue KI-gestützte Filterung erlaubt. Deutlich wurde in der Diskussion mit dem Publikum: Eine Datenbank zu Evaluationserfahrungen kann und sollte nicht alleinstehen, sondern muss durch ein entsprechendes Begleitprogramm und passende Formate ergänzt werden.

Den Abschluss des Programms bildeten Einblicke in die PrEval-Pilotstudien, die sich zum einen der politischen Bildung und zum anderen Kooperationen in sicherheitsrelevanten Kontexten widmen.
Den Anfang machte eine Podiumsdiskussion zur Evaluation digitaler Formate der politischen Bildung bzw. der digitalen Evaluation politischer Bildung. Andrea Prytula (DeZIM), Susanne Johansson (PRIF), Luisa Schmidt (Das NETTZ) und Marcus Kindlinger (UDE) stellten sich dabei den Fragen von Moderator Götz Nordbruch. Als zentrale Herausforderung beider Pilotstudien erwies sich dabei, dass nicht alle Methoden analoger Evaluationen auf den digitalen Raum übertragbar sind und Evaluationen sich damit generell komplexer gestalten. Eine von vielen Chancen läge aber z.B. darin, digitale Evaluation spielerisch mit bestimmten digitalen Inhalten zu verknüpfen – etwa im Kontext von Gaming.

Im letzten Panel des PrEval-Fachtags beleuchtete unsere Kollegin Svetla Koynova (Violence Prevention Network) gemeinsam mit erfahrenen Fachpraktikern des Aussteigerprogramms Sachsen die Herausforderungen von Wirkungsevaluationen in Multi-Agency-Ansätzen. Unter dem Titel „Wer wirkt eigentlich wie (viel)?“ wurden zentrale Erkenntnisse der PrEval-Pilotstudie diskutiert. Ein Fazit: Ob Polizei, Sozialpädagogik oder Tattoo-Entfernung – jede Ebene eines Hilfenetzwerks hat Einfluss auf die Klient*innen und trägt zum Gesamtergebnis bei. 
Die Praxispartner berichteten von einem intensiven und bereichernden Austausch in der Zusammenarbeit mit PrEval. Besonders die kritische Reflexion von Methoden und Beratungsansätzen habe dabei geholfen, die eigene Praxis zu schärfen. Gleichzeitig habe sich gezeigt, dass viele anfängliche Bedenken – etwa zu Ressourcen und Aufwand einer Evaluierung – unbegründet gewesen seien.

Einen inspirierenden Abschluss des Fachtags gestaltete Juliane Kanitz (i-unito): Mit einem interaktiven Input stellte sie ein Evaluationsdesign vor, das die Kooperationen zwischen Sicherheitsbehörden und Zivilgesellschaft in den Blick nimmt. Ihre Kernbotschaft: Evaluation bedeutet hier mehr als die Betrachtung von Qualität. Mindestens genauso wichtig wie die Thematisierung expliziter, sichtbarer Komponenten sei die Reflexion über implizite Vorbehalte und Erwartungen – und zwar idealerweise bereits im Vorfeld der Zusammenarbeit.

Das PrEval-Team bedankt sich bei allen Teilnehmenden und Mitwirkenden für einen spannenden und anregenden Fachtag 2024! Wir freuen uns, Sie auch im nächsten Jahr wieder begrüßen zu dürfen. In der Zwischenzeit laden wir Sie herzlich dazu ein, an PrEval mitzuwirken.


Programm

Donnerstag, 14. November 2024

13:00 Uhr
Eröffnung und Vorstellung des PrEval-Monitors
Julian Junk (HöMS/PRIF)

13:30 Uhr
Mapping und Monitoring von Evaluations­kapazitäten: Evaluation stärken und weiter­entwickeln
Andreas Uhl & Ian Kattein (IKG)

14:15 Uhr     
Pause

15:00 Uhr
Grußwort von Staatssekretärin Juliane Seifert (BMI)

15:15 Uhr
Evaluations­praxis international: Erkenntnisse, Trends und Innovationen aus dem Internationalen Monitoring
Sarah Bressan (GPPi), Lotta Rahlf (PRIF), Myrte van Veldhuizen (UDE)

16:15 Uhr
Pause

16:30 Uhr
Entwicklungen und Trends in der internationalen Evaluationsforschung: Von Methoden bis KI
Olaf Kleist (DeZIM) & Jan Ulrich Hense

17:15 Uhr
Unterstützungsformate für lernorientierte Qualitätssicherung und Evaluation: Erfahrungen und Umsetzungshorizonte
Janusz Biene-Clément (i-unito), Moritz Lorenz (i-unito), Maximilian Ruf (Violence Prevention Network), Lina Hartmann (Violence Prevention Network), David Tschöp (Violence Prevention Network)

18:15 Uhr
Austausch und gemeinsames Abendessen

19:00 Uhr
Programmende

Freitag, 15. November 2024

9:00 Uhr
Begrüßung

9:15 Uhr
Voraussetzungen und Perspektiven für eine Evaluationsdatenbank
Marcus Kober (DFK), Andreas Uhl (IKG), Julian Junk (HöMS/PRIF)

10:00 Uhr     
Evaluieren in konstanter Bewegung: Evaluation politischer Bildung im und zum Digitalen
Susanne Johansson (PRIF), Marcus Kindlinger (UDE), Andrea Prytula (DeZIM), Luisa Schmidt (Das NETTZ), Michelle Chávez (basa e.V.), Götz Nordbruch

10:45 Uhr
Pause

11:15 Uhr
Evaluationsdesigns für Multi-Agency-Kontexte: Empfehlungen für die Umsetzung formativer wirkungsorientierter Evaluationen
Juliane Kanitz (i-unito), Svetla Koynova (Violence Prevention Network) & Aussteigerprogramm Sachsen

12:00 Uhr
Abschluss und gemeinsames Mittagessen

13:00 Uhr
Programmende